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Vegane Ernährung

Megatrend oder der Weg in eine gesündere Zukunft?

Die Ernährungsdiskussion gehört zu den großen Themen unserer Zeit– schließlich verbindet sie mit Gesundheit, Klima und Tierwohl gleich drei komplexe Themenfelder in einem. Speziell die vegane Ernährung hat sich dabei als echter „Hoffnungsträger” für einen gesünderen Umgang mit sich selbst, dem Planeten und der Tierhaltung entpuppt. Doch um die gesundheitlichen Vor- und Nachteile realistisch einordnen zu können, ist der Blick auf die Evidenzlage und Studienqualität unverzichtbar. 

1. Vegane Ernährung – Eine Definition

Eine vegane Ernährung besteht aus einem Verzicht auf sämtliche tierischen Produkte. Dies beinhaltet Fleisch, Fisch, Eier sowie Milchprodukte wie Joghurt, Käse und Milch [1, 2].

Manche Veganer:innen verzichten zudem auf Honig sowie – ernährungsunabhängig – auf Alltagsprodukte aus Leder und Wolle [2].

Da in tierischen Nahrungsmitteln eine Reihe an Nährstoffen enthalten ist, die durch eine rein pflanzliche Ernährung schwerer zu erhalten sind, sollten Veganer:innen genau auf die Zusammensetzung ihrer täglichen Ernährung achten und gegebenenfalls bestimmte Vitamine (Vit D im Winter, Vit B12 ganzjährlich) substituieren [2].

2. Pro und Contra einer veganen Ernährung

Das Thema vegane Ernährung ist hochkomplex und hat viele Facetten. Ein vorschnelles „Vegane Ernährung ist gesund” oder „Vegane Ernährung ist ungesund” sollte daher unbedingt vermieden werden. Stattdessen gibt es einige grundlegende Überlegungen, die man sich vergegenwärtigen sollte, bevor man sich für oder gegen eine vegane Ernährung entscheidet.

2.1. Die Vorteile einer veganen Ernährung

2.1.1 Für die eigene Gesundheit

Zwar ist die Aussagekraft der zum Thema Ernährung verfügbaren Beobachtungsstudien mit Vorsicht zu genießen, dennoch spricht einiges für das Potenzial einer veganen Ernährung. 

So liegt die Rate an Menschen mit Übergewicht in den allermeisten Wohlstandsnationen mittlerweile bei über 55 % – Tendenz steigend. Die täglich konsumierte Kalorienzahl liegt also durchschnittlich über dem täglichen Bedarf. Gerade bei starkem Übergewicht wirkt sich dies negativ auf die Lebenserwartung aus [3, 4].

Eine vegane Ernährung mit einem hohen Anteil an Ballaststoffen aus Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten kann somit zu einer deutlichen Kalorienreduktion beitragen und so dem negativen Trend erfolgreich entgegenwirken [5]. 

Ähnliches lässt sich zum sogenannten „glykämischen Index” (GI) von Lebensmitteln festhalten. Lebensmittel mit hohem GI können den Blutzuckerspiegel stärker in die Höhe treiben und so langfristig zu Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen [6].

Vorausgesetzt die vegane Ernährung führt dazu, dass Kohlenhydrate mit einem hohen GI – wie in weißem Reis, Pizza oder Pfannkuchen – mit Lebensmitteln mit einem niedrigen GI – wie in Obst und Gemüse – ausgetauscht werden, kann sich dies sehr positiv auf die Gesundheit auswirken [6].

Glykämischer Index kohlenhydrathaltiger Lebensmittel

Lebensmittel mit hohem GI

Traubenzucker

100

Weißer Reis

87

Kartoffeln, gekocht

78

Pommes Frites

75

Weißbrot

73

Wassermelone

72

Lebensmittel mit mittlerem GI

Vollkornbrot, fein

70

Zucker

68

Rosinen

64

Müsliriegel

61

Basmatireis

58

Haferflocken

55

Lebensmittel mit niedrigem GI

Vollkornbrot, ganze Körner

52

Salzkartoffeln

50

Möhren

47

Äpfel

38

Spaghetti al dente

38

Linsen

30

Auch die Versorgung mit wichtigen Vitaminen und Mineralien kann in einer veganen Ernährung ausgesprochen positiv ausfallen. Wieder kommt es jedoch darauf an, dass ausreichend Obst und Gemüse Teil der Ernährung sind. Die Gewichtung hin zu „Plant-based” (also pflanzenbasiert) ist hier letztlich entscheidend – weniger ob die Ernährung wirklich strikt vegan oder nicht ist [6].

Die gesundheitlichen Vorzüge durch den Verzicht auf Fleisch müssen noch weiter erforscht werden. Die Ergebnisse, die sich gegen Fleischkonsum aussprechen, zeigen lediglich ein schwacher bis moderater Zusammenhang zwischen dem regelmäßigen Verzehr von rotem, verarbeitetem Fleisch und Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Schlaganfällen, Darmkrebs sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen [6, 7].

Dies wurde von vielen Ernährungsgesellschaften dennoch als ausreichender Beleg erachtet, eine Empfehlung für einen verminderten Konsum von rotem, verarbeitetem Fleisch auszusprechen. Außerdem beziehen sich diese Studienergebnisse und Empfehlungen nicht auf Geflügel und Fisch [6, 7].

Aber natürlich gibt es noch weitere gesundheitsrelevante Gründe, die für eine vegane Ernährung sprechen können:

Frau bereitet einen gesunden Salat zu

2.1.2 Für Planetary Health

In einer Welt, in der die Klimakrise natürliche Lebensräume zunehmend strapaziert, können die Themen planetare und menschliche Gesundheit nicht länger getrennt betrachtet werden. Mit diesem Zusammenspiel befasst sich das noch relativ junge Forschungsfeld der „Planetary Health”. 

Die Auswahl von Lebensmitteln hat daher nicht nur einen unmittelbaren Effekt auf die eigene Gesundheit. Je nachdem wie klimaschonend (oder nicht) sie ausfällt, kann unsere Nahrungswahl langfristig für gesündere Lebensbedingungen auf diesem Planeten sorgen.

Dabei ist eindrucksvoll, dass die Ernährungsempfehlungen der WHO in großen Teilen deckungsgleich mit den Überlegungen zu einer für den Planeten nachhaltigen Ernährung sind [8, 9]. 

Demnach besteht eine gesunde und nachhaltige Ernährung aus einer angemessenen Kalorienzufuhr mit zahlreichen pflanzlichen Lebensmitteln, nur geringen Mengen an tierischen Produkten, vermehrt ungesättigten statt gesättigten Fetten sowie möglichst wenig Zucker, Fertigprodukten und raffiniertem Getreide wie Weißmehl [9]. 

Je nach Region auf der Welt müssten die Ernährungsgewohnheiten für den Erhalt eines gesunden Planetens dabei unterschiedlich stark angepasst werden [9].

Im Durchschnitt wäre zur Erreichung der Planetary-Health-Ernährungsziele also eine deutliche Reduktion von Lebensmitteln wie rotem Fleisch bei gleichzeitig vermehrtem Konsum von Nüssen, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten nötig [9].

Eine vegane Ernährung kann hier also durchaus an den richtigen Stellschrauben drehen – gerade bei Menschen, die nur „ganz oder gar nicht” wollen. Regionalität spielt dabei aber eine mindestens genauso zentrale Rolle. Schließlich ist die eingeflogene Avocado zwar vegan, aber am Ende alles andere als nachhaltig.

2.2. Die Nachteile einer veganen Ernährung

Mögliche Nachteile einer veganen Ernährung entstehen vor allem dann, wenn die Umstellung unüberlegt erfolgt. Dies sind also Fallstricke, die gut vermieden werden können.

2.2.1 Auch vegane Lebensmittel können ungesund sein

Ein wesentlicher Aspekt ist hierbei, dass die Stellgrößen einer gesunden Ernährung, deutlich zahlreicher sind als nur die Frage „tierische Produkte ja oder nein”. 

Einigermaßen selbsterklärend ist dabei Folgendes: Zucker, Weißmehl, Fertigprodukte, gesättigte Fettsäuren, Alkohol oder Salz können sich bei übermäßigem Konsum allesamt ungünstig auf die Gesundheit auswirken. Eine Person könnte also vollständig vegan leben und dennoch mit Pommes, Cola und Co. die eigene Gesundheit gefährden [6].

Weniger offensichtlich als die obigen Beispiele ist jedoch die Rolle von veganen Fleischersatzprodukten. Diese werden oft mit Gesundheits- sowie Klimaversprechen beworben und sind mittlerweile in zahlreichen Supermärkten verfügbar. Dabei wird die mitunter lange chemische Zutatenliste von beispielsweise Pflanzenfrikadellen häufig übersehen [7].

Hierzu gehört zum Beispiel das Bindemittel Methylzellulose, welches die Grundsubstanz von Tapetenkleister ist. Das Magazin Ökotest konnte derweil in jedem zweiten Fleischersatzprodukt Rückstände von Mineralölen nachweisen [7, 10, 11].

2.2.2 Mangel in der veganen Ernährung

Das zweite häufige, jedoch durchaus vermeidbare Problem bei einer veganen Ernährung besteht in dem Risiko für Mangelzustände.

Zwar konsumiert der Durchschnittseuropäer zweifellos zu viel Fleisch und Milchprodukte. Trotzdem enthalten diese wichtige Nährstoffe, die bei einem kompletten Verzicht gezielt aus anderen Nahrungsquellen bezogen werden müssen [6, 9]. 

Mangelerscheinungen vermeiden

Die fünf wichtigsten Nährstoffe sind hierbei Eisen, Vitamin B12, Vitamin D, Calcium sowie Proteine [6].

Eisenmangel

Nicht nur, dass Eisen reichhaltig in Fleisch vorhanden ist, in pflanzlichen Quellen liegt es zudem in einer weniger leicht resorbierbaren Form vor. Daher ist das Risiko von Veganer:innen für einen Eisenmangel erhöht – insbesondere wenn es zusätzlich zu weiteren Eisenverlusten (zum Beispiel durch starke Regelblutungen) kommt [12].

Umso wichtiger ist für Veganer:innen daher der tägliche Konsum von pflanzlichen Eisenquellen wie angereicherten Cerealien, Nüssen, Samen, Sonnenblumenkernen, Rosinen, Spinat, Erbsen sowie Hülsenfrüchten wie Bohnen, Linsen oder Kichererbsen [13].

Vitamin-B12-Mangel

Ähnlich verhält es sich mit Vitamin B12, nur dass dieses schwieriger durch pflanzliche Quellen ersetzt werden kann. Bei streng veganer Ernährung ist eine tägliche Substitution daher unbedingt ratsam [6, 14].

Vitamin-D-Mangel

Da auch Vitamin D vermehrt in tierischen Produkten wie öligem Fisch (Lachs, Makrele, Sardinen), Fleisch und Eigelb vorkommt, sollte dies gerade während der dunklen Jahreszeit von Veganer:innen substituiert werden. Denn bei geringem Tageslicht kann das Vitamin nicht ausreichend über die Haut gebildet werden [6, 15].

Calcium-Mangel

Calcium können Veganer:innen hingegen gezielt durch den täglichen Verzehr von calciumhaltigem Orangensaft, Tofu, Bohnen, dunklem, grünen Blattgemüse, Mandeln sowie Soja-, Hafer- oder Mandelmilch beziehen. Die denkbar ungünstige Ökobilanz von Mandeln sei an dieser Stelle zumindest erwähnt [16].

Eine ausreichende Proteinzufuhr ist ebenfalls meist problemlos durch vermehrten Verzehr von Hülsenfrüchten, sojahaltigen Produkten wie Sojamilch oder Tofu, Nüssen sowie verschiedenen Getreidesorten zu erreichen [17, 18].

Da es sich bei pflanzlichen Proteinen meist um sogenannte „inkomplette Proteine” handelt (ihnen fehlen eine oder mehrere essenzielle Aminosäuren), sollten die konsumierten Proteine nie aus nur einer pflanzlichen Proteinquelle bezogen werden [17].

Die generelle Faustregel ist daher immer: „Wer vegan leben möchte, braucht eine große Vielfalt an Lebensmitteln”.

2.2.2.1. Studien

Entscheidend ist jedoch letztlich, wie sehr die vegan lebende Person darauf achtet, alle relevanten Mikro- und Makronährstoffe in ihrer täglichen Ernährung abzudecken [37].

Ist dies nicht gegeben, kann es schnell zu Mangelzuständen kommen, wie beispielsweise eine finnische Studie zeigte. Darin stellte sich heraus, dass die Vitamin-D-Aufnahme bei Veganern in nördlichen Breitengraden im Schnitt nicht ausreichte, um den eigenen Bedarf während der Wintermonate abzudecken [37, 38].

Obwohl es sich also um ein wohlhabendes Land handelte, zeigt dies, wie wichtig bei veganer Ernährung die Eigenverantwortung und der Blick aufs Detail ist [38].

2.2.2.2. Symptome

Welche Symptome eine vegan lebende Person, die einen Mangelzustand entwickelt, aufweist, ist unterschiedlich. Dies hängt schlichtweg davon ab, welcher Mikro- oder Makronährstoff letztlich zu wenig konsumiert wurde [37].

Je nach Vitaminmangel sind zum Beispiel folgende Beschwerden möglich [37]:

  • Vitamin D: Skelettschmerzen sowie Knochendeformationen
  • Folsäure: Blutarmut
  • Vitamin B12: Blutarmut sowie neurologische Schäden

3. Nährstoffe & Vitamine in der veganen Ernährung

Es gibt eine ganze Reihe an Nährstoffen und Vitaminen, die unbedingt Teil der eigenen Ernährung sein sollten – unabhängig davon, ob jemand vegan lebt oder nicht [6].

Hierzu zählt ein ausgewogenes Verhältnis der sogenannten Makronährstoffe aus Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten, ein ausreichender Konsum an Ballaststoffen sowie ein adäquater Verzehr bestimmter Mikronährstoffe wie Natrium, Calcium, Vitamin D, Folsäure und weiteren Vitaminen [6].

3.1. Makronährstoffe

Die Kohlenhydrate sollten dabei etwa 45 bis 65 Prozent der täglichen Kalorienzufuhr ausmachen. Wie oben erklärt ist Kohlenhydrat dabei nicht gleich Kohlenhydrat, da diese abhängig von ihrem glykämischen Index (GI) einen unterschiedlich starken Effekt auf den Blutzuckerspiegel haben können [6].

Pflanzliche Kohlenhydratquellen mit einem durchschnittlich niedrigerem GI sind in der generell Ernährung – und daher auch in der veganen Ernährung – solchen mit einem hohen GI vorzuziehen [6].

Proteine (also Eiweiß) sollten etwa 10 bis 35 Prozent der täglichen Kalorienzufuhr ausmachen. Wie oben erklärt sind Veganer:innen hier auf eine besondere Vielfalt an Lebensmitteln angewiesen, um nicht langfristig in ein Defizit zu geraten [6].

Fette sollten etwa 20 bis 35 Prozent der täglichen Kalorienzufuhr ausmachen. Dabei ist insbesondere die Art der Fette ausschlaggebend [6]: 

Gesättigte Fette (Milchprodukte wie Käse, Milch, Eiscreme sowie rotes Fleisch) und Trans-Fette (Fast Food, Margarinen, kommerzielle Backwaren wie süße Brötchen, Kekse, Donuts) sind in Summe eher ungünstig. Ungesättigte Fette (Nüsse, Samen sowie Öle und Aufstriche auf Pflanzenölbasis) dagegen wünschenswert [6, 19].

Da Veganer:innen auf wichtige Quelle ungesättigter Fettsäuren wie Fisch verzichten, sollten diese über Raps, Sojabohnen, Leinsamen, Weizenkeime, Kohlgemüse, Sonnenblumen-, Wallnuss- oder Maisöle eingeholt werden [19].

Ballaststoffe werden ebenfalls im weiteren Sinne zu den Makronährstoffen gezählt. Das heißt, auch sie sollten in großen Mengen fester Bestandteil der täglichen Ernährung sein. Bei Ihnen handelt es sich um die Bestandteile von pflanzlichen Lebensmitteln, welche nicht im Magen-Darm-Trakt verdaut werden können [6]. Zu den ballastoffreichen „Super-Foods” zählen Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte sowie Nüsse. Veganer:innen haben hier also alle Möglichkeiten [6].

Zu den vielen gesundheitlichen Vorteilen, die ein hoher Ballaststoff-Verzehr mit sich bringt, zählen ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrakungen, Darmkrebs, Schlaganfälle, Typ-2-Diabetes sowie eine insgesamt geringe Sterblichkeit [6].

3.2. Mikronährstoffe

Nährstoffe, die nur in sehr kleinen Mengen benötigt werden, bezeichnet man als Mikronährstoffe. Hierzu zählen Natrium, Calcium, Vitamin D, Folsäure sowie weitere Vitamine [6].

Im Falle von Natrium besteht das Risiko für gewöhnlich in einem „zu viel” – und nicht in einem „zu wenig”. Stark gesalzene Mahlzeiten können zu einem Überschreiten der täglich empfohlenen 2300-mg-Obergrenze führen und so nachweislich zur Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen [6]. 

Eine besondere Gefahr besteht im Konsum von jeglichen Fertigprodukten, da diese häufig mit einem hohen Salzgehalt einhergehen. Dies gilt auch für vegane Fertigprodukte [6].

Zu den wichtigsten Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen zählen [20, 22]:

Makromineralien
(Bedarf von >100 mg/Tag)
Spurenelemente
(Bedarf von 1-100 mg/Tag)
Vitamine

Calcium

Kupfer

Wasserlösliche
(z.B. Vit B1, B2, B3, B6, B12, Folsäure, Vit C)

Chlorid

Kupfer

Fettlösliche
(Vit A, D, E, K)

Magnesium

Eisen

Phosphor

Fluorid

Kalium

Mangan

Natrium

Zink

Wie oben erklärt ist bei einer veganen Ernährung meist nicht mit Mangelzuständen zu rechnen, sofern die Ernährung vielseitig ist, aus reichlich Obst sowie Gemüse besteht und im Fall von Eisen, Vitamin B12, Vitamin D und Calcium bestimmte „Spielregeln” beachtet werden [6].

4. Veganer Ernährungsplan

4.1. Vegane Ernährung für Anfänger & Einsteiger

Wer sich gerade erst überlegt hat, mit einer streng veganen Ernährung zu beginnen, sollte aus gesundheitlichen Gründen ein paar Dinge beachten.

Zunächst einmal ist es sinnvoll, sich der eigenen Motivation für die Ernährungsumstellung bewusst zu werden. Geht es um rein gesundheitliche Gründe? Spielt Klimaschutz eine Rolle? Überwiegen ethische Überlegungen zur Tierhaltung? Besteht ein Abnehmwunsch oder liegt gar eine bestimmte Erkrankung vor? 

Dies soll keineswegs heißen, dass ein bestimmter Grund den anderen überlegen wäre. Die Ernährungsempfehlungen können jedoch sehr unterschiedlich ausfallen, je nachdem welcher Aspekt im Vordergrund steht. 

Wer die absoluten Gesundheitsvorteile sucht, sollte – laut aktueller Studienlage – zwar unbedingt „Plant-based” (also pflanzenbasiert), aber nicht zwingend vegan leben. Wem vor allem das Klima am Herzen liegt, muss dagegen den Wasserverbrauch, Transportaufwand und die Beheizung von Gewächshäusern bei seinen ausgewählten Lebensmitteln im Blick behalten [22, 23].

Gerade bei Menschen mit Vorerkrankungen kann es zudem wichtig sein, die eigenen Ernährungspläne einmal mit den behandelnden Ärzt:innen durchzusprechen.

Wer nach all diesen Überlegungen weiterhin entschlossen ist, seine Ernährung komplett auf vegan umzustellen, dem kann die „vegane Ernährungspyramide” als Orientierung helfen:

4.2. Vegane Ernährungspyramide

Ausreichend zuckerfreie Flüssigkeit bietet die Basis der veganen Ernährungspyramide. Das zweitgrößte Fundament bilden dann bereits Gemüse und Obst. Hier ist insbesondere auf Vielfalt und Abwechslung zu achten.

Abbildung der veganen Ernährungspyramide
Die vegane Ernährungspyramide

Kein pflanzliches Lebensmittel deckt alle essentiellen Proteine ab, insofern braucht es die Mischung. Nach oben hin werden die Lebensmittel nicht etwa unwichtiger, nur die nötige Verzehrmenge fällt hier geringer aus [17].

Die oberste Spitze mit Snacks, Süßigkeiten und Alkohol ist keineswegs als Empfehlung zu betrachten, sondern ist eher bei bestehenden Wunsch als optional zu verstehen. Rein medizinisch gesehen ist hier weniger mehr. 

Zwar finden sich im Internet viele Mengenangaben zu den einzelnen Pyramidenbausteinen. Jedoch kann dies von Person zu Person deutlich variieren. Schließlich hängt der tägliche Kalorienbedarf von Faktoren wie dem Alter, Geschlecht, Gewicht und persönlichen Aktivitätsniveau ab [6]. 

Es empfiehlt sich daher eher, die einzelnen Pyramidenbausteine im Verhältnis zueinander zu sehen, langfristig das eigene Gewicht im Blick zu behalten und gerade bei anhaltender streng veganer Ernährung in regelmäßigen Abständen einen Arzt oder Ärztin aufzusuchen [6]. 

Zusätzlich zu den Bestandteilen der Pyramide ist zudem auf eine Vitamin-B-12-Supplementierung, auf die (sparsame) Verwendung von jodiertem Speisesalz und in sonnenarmen Monaten zwischen Oktober und März auf eine Vitamin-D-Supplementierung zu achten [6].

4.3. Vegane Proteinquellen

Proteine zählen zu den wichtigsten Nährstoffen, die bei einem Verzicht auf tierische Produkte teils nur mangelhaft aufgenommen werden. So kann es bei einer streng veganen Ernährung zu einem manifesten Proteinmangel kommen [6].

Diesem Umstand kann jedoch vorgebeugt werden, indem gezielt auf eine ausreichende Proteinzufuhr über pflanzliche Proteinquellen geachtet wird. Hierzu zählen Hülsenfrüchte, sojahaltige Produkte wie Sojamilch oder Tofu, Nüsse sowie verschiedene Getreidesorten [17, 18].

Wichtig: Da es sich bei pflanzlichen Proteinen meist um sogenannte „inkomplette Proteine” handelt (ihnen fehlen eine oder mehrere essenzielle Aminosäuren), sollten die konsumierten Proteine nie aus nur einer pflanzlichen Proteinquelle bezogen werden [17].

5. Vegane Ernährungen bei Krankheiten

Im Internet kursieren etliche Heilsversprechen durch vegane Ernährung. Zwar kann eine ausgewogene, pflanzenbasierte Ernährung mit wesentlichen gesundheitlichen Vorteilen einhergehen [6]. 

Es konnte jedoch noch keineswegs in großen randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs), welche den Goldstandard in der medizinischen Forschung darstellen, gezeigt werden, dass eine rein vegane Ernährung anderen Ernährungsformen überlegen wäre [7].

Auch beim Thema Fleisch sind die Ergebnisse umstritten. Zwar gibt es zahlreiche Studien, welche insbesondere bei rotem, verarbeitetem Fleisch auf ungünstige Gesundheitsfolgen hinweisen. Jedoch handelt es sich dabei in erster Linie nur um epidemiologische Beobachtungsstudien [6].

Zudem zeigte sich dort statistisch lediglich ein schwacher bis moderater Zusammenhang zwischen dem regelmäßigen Verzehr von rotem, verarbeitetem Fleisch und Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Schlaganfällen, Darmkrebs sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen [6].

Große und eindeutige Effektstärken wie sie beispielsweise zu Tabakkonsum bekannt sind, sucht man in den Ernährungswissenschaften – für einzelne Lebensmittel – vergeblich [24].

Dennoch wurden die vorhandenen Beobachtungsstudien von vielen Ernährungsgesellschaften als ausreichender Beleg erachtet, eine Empfehlung für einen verminderten Konsum von rotem, verarbeitetem Fleisch auszusprechen. Dies umfasst jedoch nicht Geflügel und Fisch [6, 7].

All dies soll natürlich keineswegs heißen, dass sich in Zukunft nicht doch noch stärkere Effekte zeigen oder RCT-Studien hinzukommen könnten. Nur lässt sich dies aktuell eben noch nicht wissenschaftlich fundiert proklamieren.

5.1. Darmgesundheit

Eine gesunde Ernährung hat nachweislich einen positiven Effekt auf die eigene Gesundheit – so auch auf die Darmgesundheit. Dabei sollte die Ernährung jedoch keineswegs als eine „alle Probleme lösende Wunderwaffe” gesehen werden. Vielmehr entspricht sie einem von vielen wichtigen Werkzeugen, mit denen man bestimmte Gesundheitsrisiken reduzieren kann [25].

Um beispielsweise Krebs vorzubeugen, empfiehlt die „American Cancer Society” eine Ernährung bestehend aus Vollkornprodukten, Obst sowie einer Vielzahl von Gemüsesorten (dunkelgrünes, rotes und orangefarbenes Gemüse, ballaststoffreiche Hülsenfrüchte und andere) und dabei möglichst auf rotes, verarbeitetes Fleisch, zuckergesüßte Getränke, sämtliche stark verarbeiteten Lebensmittel sowie auf Weißmehlprodukte zu verzichten [25].

Eine vegane Ernährung kann all diese Elemente berücksichtigen und so dabei helfen, das Gesamtrisiko zu reduzieren. 

Speziell für Darmkrebs konnte in zahlreichen Studien ein Zusammenhang mit dem Verzehr von rotem, verarbeitetem Fleisch festgestellt werden. Das Garen bei hohen Temperaturen (z. B. beim Grillen oder Braten in der Pfanne) könnte das Risiko dabei weiter erhöhen [26].

Zumal die Liste an weiteren – ernährungsunabhängigen – Risikofaktoren auch hier lang ist [26].

Auch bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen kann die Ernährung einen Beitrag leisten. Ernährungsunabhängige Risikofaktoren spielen natürlich auch eine wichtige Rolle. 

Nichtsdestotrotz deuteten die Studien darauf hin, dass sich insbesondere reichlich Ballaststoffe und eine Reduzierung von tierischen Fetten günstig auswirken können [27].

6. Vegane Ernährung in der Schwangerschaft

Wenn die vegane Ernährung gut durchdacht und ausreichend geplant ist, gilt sie auch in der Schwangerschaft und Stillzeit als sicher. Allerdings sollten Frauen mit Kinderwunsch dies unbedingt mit einem/einer Ärzt:in oder Ernährungsberater:inim Vorfeld besprechen [28].

6.1. Studien

Derzeit besteht (noch) ein Mangel an hochqualitativen Studien zum Thema veganer Ernährung und Schwangerschaft [32|.

Eine erste Orientierungshilfe können jedoch sogenannte „systematische Reviews” sein. Dies sind Übersichtsarbeiten, welche die bestehende Evidenz aus allen relevanten aktuell verfügbaren Studien zusammenfassen (auch wenn die einzelnen, inkludierten Studien in ihrer Aussagekraft begrenzt sind) [32|.

Ein Review aus dem Jahr 2019 kam dabei zu dem Schluss, dass es bei einer veganen Ernährung aufs Detail ankommt, wenn sie für Mutter und Kind gesund sein soll. Dies zeigen insbesondere Studien aus ärmeren Ländern, wo die Schwangeren oft zwangsläufig auf bestimmte Lebensmittel verzichten müssen – und so Mangelzustände entwickeln können [33].

Da in wohlhabenden Ländern sowohl die Verfügbarkeit von, als auch das Wissen über gesunde Lebensmittel und Nährstoffe im Schnitt ausgeprägter ist, fällt es hier leichter, Mangelzuständen vorzubeugen [33]

Ein weiterer Review aus dem Jahr 2015 untersuchte 262 ausgewählte Studien rund ums Thema. Dabei wurde lediglich in einer Studie eine Zunahme schwerwiegender unerwünschter Folgen durch eine vegane Ernährung berichtet. In einzelnen Studien wurde jedoch ein verringertes Geburtsgewicht gemeldet. Weitere Studien wiesen auf ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-B12- und Eisenmangel bei vegan-vegetarisch lebenden Frauen hin [34].

7. Vegane Ernährung bei Kindern

Insbesondere wenn die Ernährung vegetarisch ausfällt, können Kinder ein normales Wachstum und eine normale Entwicklung erreichen. Voraussetzung ist dabei immer, dass die Ernährung ausgewogen und gut geplant ist [35]. 

Nur so können alle wichtigen Mikro- und Makronährstoffe berücksichtigt werden. Eine ausreichende Versorgung mit Proteinen, Eisen, Calcium, Vitamin D, Vitamin B12, Zink, Omega-3-Fettsäuren sowie Ballaststoffen ist hierbei essenziell [35]. 

Bei einer veganen Ernährung ist dies schwieriger, weswegen dies stets mit Kinderärzt:innen und Ernährungsexpert:innen individuell abgeklärt werden sollte und dann meist einer Supplementierung bedarf [35, 36].

Denn aufgrund des hohen Risikos eines Nährstoff- und Energiemangels ist eine rein vegane Ernährung ohne Nährstoffsupplementierung im gesamten Wachstumsalter nicht empfehlenswert [36].

Insgesamt hat eine laktovegetarische Ernährung somit größere gesundheitliche Vorteile und weniger gesundheitliche Risiken als eine vegane Ernährung [35].

7.1. Studien

In Sachen Studien verhält es sich ähnlich wie beim Thema vegane Ernährung in der Schwangerschaft. Hochwertige Studien sind derzeit immer noch Mangelware. Einen nützlichen und fundierten Einstieg zum Thema finden Sie hier und hier [36].

8. Vegane Ernährungsberatung

Je nach Alter und eigenem Wissensstand sollten hohe Standards an eine vegane Ernährungsberatung gelegt werden. Gerade bei Kindern, bei denen Wachstum und Entwicklung noch in vollem Gange sind, sollte daher sichergestellt werden, dass die Beratungsstelle medizinisch fundiert arbeitet und in ein Netz aus Ärzt:innen eingebettet ist [39].

Generell ist umso besser, desto mehr qualifizierte Fachkräfte in die Ernährungsumstellung involviert werden. So kann eine hierfür qualifizierte Ernährungsberaterin konkrete Tipps für die individuelle Nährstoffzusammenstellung geben, während die behandelnden Ärzt:innen in regelmäßigen Abständen nach den gesundheitlichen Folgen schauen können [39].

FAQs

Was sollte man als Veganer täglich essen?

Wichtige Bestandteile, um eine vegane Ernährung gesund und ausgewogen zu gestalten, können Hülsenfrüchte, Obst (insbesondere Beeren), Gemüse (insbesondere Kreuzblüttlergemüse und grünes Blattgemüse), Leinsamen, Nüsse sowie Vollkornprodukte sein [29].

Die Ernährungsgewohnheiten einer vegan lebenden Person sollten dennoch immer individuell betrachtet werden und gegebenenfalls mit den behandelnden Ärzt:innen besprochen werden.

Wie gesund ist vegane Ernährung?

Das Thema vegane Ernährung ist hochkomplex und hat viele Facetten. Ein vorschnelles „Vegane Ernährung ist gesund” oder „Vegane Ernährung ist ungesund” sollte daher unbedingt vermieden werden. Die Ernährungsgewohnheiten einer vegan lebenden Person sollten daher immer individuell betrachtet werden [7].

Denn je nach Auswahl und Vielfalt der Lebensmittel kann eine vegane Ernährung durchaus sehr gesund, aber auch ungesund sein. Wissenschaftlich gesehen ist eine definitive Aussage hierzu außerdem erschwert, da es einen Mangel an sogenannten „randomisiert kontrollierten Studien” (RCTs) zu veganer Ernährung gibt [7].

Was isst man wenn man sich vegan ernährt?

Eine vegane Ernährung besteht aus einem Verzicht auf sämtliche tierischen Produkte. Dies beinhaltet Fleisch, Fisch, Eier sowie Milchprodukte wie Joghurt, Käse und Milch [30, 31].

Manche Veganer:innen verzichten zudem auf Honig sowie – ernährungsunabhängig – auf Alltagsprodukte aus Leder und Wolle [31].

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