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Sport nach Corona-Erkrankung

Neue Studien raten zur schrittweisen Belastungssteigerung

COVID-19-Auswirkungen auf die körperliche LeistungsfÀhigkeit

Hintergrund: Fitness, Pandemie und COVID-19

Dass die Pandemie das Aufrechterhalten von Trainingsroutinen nicht gerade erleichtert hat, mag kaum jemanden ĂŒberraschen. Das Ausmaß, in dem dies der Fall war, ist dennoch erstaunlich [1].

So zeichneten gleich mehrere wÀhrend der Pandemie erfasste Studien letztlich dasselbe Bild. Beispielsweise untersuchte eine spanische Studie das Bewegungsverhalten von Tausenden Studenten an insgesamt 16 UniversitÀten [2].  

Demnach gingen intensive sportliche AktivitĂ€ten im Zuge der Dauerlockdowns um 18,3 % zurĂŒck. Im Falle von gemĂ€ĂŸigter Bewegung waren es sogar 29,5 %. Gleichzeitig nahmen sitzende TĂ€tigkeiten um 52,7 % zu [2].

Ähnliche Ergebnisse fanden sich auch bei anderen Altersgruppen. Und dies ging durchaus mit bleibenden Effekten einher. Zum Beispiel ging die maximale AufnahmekapazitĂ€t fĂŒr Sauerstoff in einer kleinen Studie bei Kindern – mit Messungen vor und nach der Pandemie – signifikant zurĂŒck [1, 3]. 

Diese Zahlen sprechen fĂŒr sich. All dies hat jedoch besondere Relevanz, wenn man bedenkt, dass höhere Fitnesslevel sich nachhaltig positiv auf einen milderen Krankheitsverlauf auswirken [4].

Genau das erbrachte eine Studie von 2021, in der 246 Patienten mit unterschiedlicher Krankheitsschwere untersucht wurden. Hier hing ein höheres Fitnesslevel klar mit einem geringeren Risiko fĂŒr einen COVID-19-bedingten Krankenhausaufenthalt zusammen [5].

In einer andauernden Pandemie, in der Menschen durchaus mehrfach an COVID-19 erkranken können, ist Sport – und damit auch die Wiederaufnahme von Sport – somit wichtiger denn je [6].

Herz-Kreislauf-Folgen von COVID-19

Die fĂŒr Sporttreibende mit Abstand relevanteste Krankheitsfolge im Zuge einer Corona-Infektion ist das Auftreten einer sogenannten „Myokarditis”. Dabei handelt es sich um eine EntzĂŒndung des Herzmuskels, bei der körperliche Schonung essenziell fĂŒr eine komplette Ausheilung ist [7, 8].

Als die ersten Studien bereits 2020 auf FÀlle von Myokarditis bei COVID-19 hinwiesen, blieben zunÀchst noch viele Fragen offen. Doch mit jeder weiteren Studie wird das Bild klarer [9, 10]:

Zum Einen ist das Myokarditis-Risiko demnach bei Menschen mit asymptomatischem oder mildem COVID-19-Verlauf insgesamt gering. Dies ergab sich in zahlreichen Studien, die mithilfe einer MRT-Bildgebung gezielt den Herzmuskel bei Corona-Infizierten untersuchten [11].

Zum Anderen sind bestehende Symptome der entscheidende Hinweis, ob eine Myokarditis vorliegen könnte. Beispielsweise fanden sich in einer Beobachtungsstudie bei 5 von 789 Studienteilnehmer:innen Anzeichen einer Myokarditis nach COVID-19-Infektion im MRT [10, 12]. 

Alle FĂŒnf hatten dabei jedoch Symptome gezeigt, die ĂŒber eine leichte Corona-Erkrankung hinausgingen. Eine Übersicht zu möglichen Corona-Symptomen und Schweregraden finden Sie in unserem Artikel Corona-Symptomverlauf [10, 12]

Kriterien zur Wiederaufnahme von Sport und Belastung nach COVID-19

Auszeit und Àrztliche Kontrolle je nach Symptomen

SÀmtliche Empfehlungen unterliegen einem kontinuierlichen Wandel, welcher stets vom aktuellen Stand der Studienlage abhÀngt. Gerade in Bereichen, wo noch Unklarheit besteht, kommt hierbei insbesondere den Fachgesellschaften eine entscheidende Rolle zu [13].

Diese raten derzeit dazu, wĂ€hrend der akuten Corona-Erkrankung unbedingt von sportlicher AktivitĂ€t abzusehen. Wie lange anschließend, nach erfolgter Genesung auf Sport verzichtet werden soll, hĂ€ngt dann insbesondere von der Schwere des COVID-19-Verlaufs und dem Vorliegen von sogenannten „kardiopulmonalen Symptomen” ab [13].

Zu letzteren zÀhlen beispielsweise Atemnot, Herzrasen oder Schwindel [13].

Folgt man den Weisungen der „American Medical Society for Sports Medicine” und des „American College of Cardiology” ergibt sich daraus konkret Folgendes [13]:

Sport bei Infektion ohne Symptome

Personen, die keinerlei Corona-Symptome entwickeln (also einen asymptomatischen Verlauf haben), sollten mindestens drei Tage nach positivem Testergebnis abwarten, bevor sie langsam(!) wieder mit Sport beginnen [13]. 

Allerdings kann die Inkubationszeit – die Zeit zwischen Infektion und ersten Symptomen – durchaus lĂ€nger als 3 Tage dauern. Niemand sollte also vorschnell von einem asymptomatischen Verlauf ausgehen und stattdessen lieber ein paar Tage mehr verstreichen lassen [13].

Sportauszeit bei symptomatischem Verlauf

Handelt es sich um eine Corona-Erkrankung mit ausschließlich milden Symptomen, sollten mindestens 3 Tage ab Symptombeginn verstreichen sowie vollstĂ€ndige Symptomfreiheit bestehen, bevor die allmĂ€hliche RĂŒckkehr zur körperlichen AktivitĂ€t erfolgen kann [13]. 

Auch hier ist zu bedenken, dass manche Symptome erst mit der Zeit auftreten können. Ein paar Tage mehr Pause ist also definitiv ratsam [13].

Menschen mit vormals schweren COVID-19-Beschwerden sowie Menschen mit Symptomen wie Atemnot, Herzrasen oder Schwindel sollten dagegen unbedingt Ă€rztlichen Rat einholen, bevor sie zu körperlicher AktivitĂ€t zurĂŒckkehren [13].

Was Ärzt:innen testen können

Ärzt:innen werden dann zunĂ€chst in einem persönlichen GesprĂ€ch eine individuelle RisikoeinschĂ€tzung vornehmen. Eine körperliche Untersuchung, welche insbesondere eine sogenannte Auskultation des Herzens umfasst, ist ebenfalls Standard [14].

Hierbei kann mithilfe eines Stethoskops nach HerzgerĂ€uschen gehorcht werden, welche Aufschluss ĂŒber eine eventuelle SchĂ€digung des Herzmuskels geben können [14]. 

Gerade bei Personen, die lediglich von einem mittelschweren COVID-19-Verlauf ohne Herz-Kreislauf-Symptome oder Atemprobleme betroffen waren, sind tiefgreifendere Untersuchungsmethoden darĂŒber hinaus wenig sinnvoll [14].

FĂŒr alle Anderen kommen folgende Tests in Frage [14]: 

Ein Elektrokardiogramm (EKG) erfasst die Erregungsausbreitung ĂŒber dem Herzen. Eine Blutuntersuchung analysiert Herz-spezifische Biomarker. Ein Echokardiogramm (Herz-Echo) zeigt die FunktionalitĂ€t der Herzkammern mittels Ultraschall in Aktion. Finden sich hier AuffĂ€lligkeiten, kann darĂŒber hinaus ein MRT sinnvoll sein [14].

Auch die Lunge kann im Zuge einer COVID-19-Erkrankung nachhaltig in Mitleidenschaft gezogen werden. Bei entsprechenden Beschwerden kann eine körperliche Untersuchung gefolgt von Atemtests und Bildgebung insbesondere nach schweren VerlÀufen unverzichtbar sein [15].

Überlegungen zum sinnvollen Belastungsaufbau nach Corona-Infektion

Gerade Menschen, die nach ihrer Corona-Erkrankung ĂŒber anhaltende Luftnot klagen, können wir nur zur Geduld ermutigen. Nimmt man die Angaben der WHO, betrĂ€gt die durchschnittliche Genesungszeit 2 Wochen bei milden COVID-19-VerlĂ€ufen und 3 bis 6 Wochen bei schweren KrankheitsfĂ€llen [16].

Die durch die Auszeit entstehenden TrainingsrĂŒckstĂ€nde mögen – gerade fĂŒr ambitionierte Sportler:innen – zweifellos Ă€rgerlich sein. Den Erhalt der langfristigen Gesundheit durch die Vermeidung eines vorschnellen Belastungsaufbaus und damit einhergehender Komplikationen ist es dennoch allemal wert [1, 10].

Doch auch die, die endlich wieder loslegen dĂŒrfen, sollten dies graduell angehen:

Die verschiedenen Phasen des Belastungsaufbaus

Zu den einzelnen Schritten des erneuten Trainingseinstiegs gibt es zwar umfangreiche Empfehlungen, jedoch aktuell noch keine ausreichende Studienlage [17]. 

Zwei generelle Prinzipien sollten dennoch unbedingt berĂŒcksichtigt werden. Einerseits zĂ€hlt hierzu das fortlaufende Ausschau-Halten nach Anzeichen von Komplikationen. Dies umfasst insbesondere „Red Flag”-Symptome wie Brustschmerzen, Herzrasen, Atemnot in Ruhe sowie geschwollene Beine [18]. 

Andererseits ist es wichtig, genau darauf zu achten, wie die betroffene Person auf die schrittweise Erhöhung der Trainingsreize reagiert. Hierbei sollte besonderes Augenmerk auf etwaiger MĂŒdigkeit, der generellen SchlafqualitĂ€t, vermehrtem Muskelkater sowie psychischem Stress liegen [18].

Wann immer die RĂŒckkehr zum Erholungszustand noch nicht erreicht ist oder lĂ€nger dauert als erwartet, sollte dementsprechend kein höherer Trainingsreiz gesetzt werden [18].

Die morgendliche Herzfrequenz in Ruhe ist ein weiteres einfaches, aber nĂŒtzliches Maß fĂŒr die Erholung. Steigt diese von einem Tag zum nĂ€chsten um mehr als 10 SchlĂ€ge pro Minute an, wird dies allgemein als Zeichen von Übertraining und kumulierter MĂŒdigkeit erachtet [18].

Grob können die Belastungssteigerungen in 5 Phasen unterteilt werden. Die nÀchste Phase sollte immer erst angestrebt werden, wenn die vorige mehrfach gut toleriert wurde und zwischen den Trainingsreizen vollstÀndige Erholung erreicht worden ist [19]:

Belastungssteigerungen nach COVID-19-Infektion in 5 Phasen

Phase AktivitÀtslevel Ziel Maximal erlaubte Herzfrequenz Maximal erlaubte Trainingsdauer Beispiele

1

Initiale Ruhezeit

Zeit fĂŒr Erholung schaffen

(Hier noch keine großen Belastungen)

(Hier noch keine großen Belastungen)

TÀgliche AlltagsaktivitÀten

2

Leichte AktivitÀt

AllmÀhliche Erhöhung der Herzfrequenz

<70%

<15 Minuten

z. B. Gehen, leichtes Joggen, leichtes Fahrradfahren auf Heimtrainer

3

Mittlere AktivitÀt

Erhöhung der HÀufigkeit und Dauer der sportlichen BetÀtigung

<80%

<45 Minuten

z. B. 2 bis 3 Km Joggen, leichtes Krafttraining

4

VerstÀrkte AktivitÀt

Steigerung der IntensitÀt; Wiederherstellung der funktionellen FÀhigkeiten

<80%

<60 Minuten

z. B. 3 bis 5 Km Joggen, intensiveres Krafttraining

5

Normales Training

AllmÀhliche Wiederaufnahme des normalen Trainings

UneingeschrÀnkt

UneingeschrÀnkt

UneingeschrÀnkt

Der entscheidende Vorteil dieser schrittweisen Herangehensweise ist, dass das Risiko fĂŒr Überlastungsreaktionen sowie Komplikationen zu jedem Zeitpunkt minimiert wird [19]. 

Auch kann das Vorgehen stets an den individuellen Zustand angepasst (und gegebenenfalls zurĂŒckgeschraubt werden), statt einem starren und mitunter unrealistischen Zeitplan zu folgen [19].

So bleibt die langfristige und dabei gesunde Wiederherstellung und Steigerung der eigenen Fitness immer im Fokus, ohne dabei unnötige RĂŒckschlĂ€ge und Risiken in Kauf nehmen zu mĂŒssen [19]. 

Und egal, wie viele Corona-Wellen noch auf uns warten: Mit dieser pragmatischen Herangehensweise wird die Pandemie gar nicht erst zur Dauer-Ausrede bei der Erreichung der langfristigen sportlichen Ziele.

Die Inhalte dieses Artikels geben den aktuellen wissenschaftlichen Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und wurden nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Dennoch kann der Artikel keine medizinische Beratung und Diagnose ersetzen. Bei Fragen wenden Sie sich an Ihren Allgemeinarzt.

UrsprĂŒnglich veröffentlicht am

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