Mehr als genug Impfstoffe
Seit Ende 2020 wird auch in Deutschland gegen das Coronavirus geimpft. Nachdem die Wirksamkeit und VertrĂ€glichkeit des ersten Impfstoffs belegt war, folgte zeitnah die Zulassung. Jedoch fragen sich viele Menschen, ob wir auch genug Impfstoff kriegen. Die Antwort lautet âJaâ [1-3].
Um ein Pandemie-freies Alltagsleben wieder zu ermöglichen, braucht es eine sogenannte HerdenimmunitĂ€t. Das heiĂt, genĂŒgend Menschen mĂŒssen gegen das Virus immun sein, um die Ausbreitung zu stoppen. Laut SchĂ€tzungen wĂ€ren dies beim Coronavirus 70 % der Bevölkerung [4, 5].
In Deutschland wurde der Impfstoff von BioNTech/Pfizer bereits zugelassen. Der Moderna-Impfstoff folgte als nĂ€chstes, was dann zusammen 140 Millionen Impfstoffdosen fĂŒr Deutschland â vertraglich gesichert â ergibt. FĂŒr eine HerdenimmunitĂ€t reicht das trotz notwendiger Zweifachimpfung. Zumal weitere Impfstoffe (AstraZeneca und andere) sich bereits anbahnen. Es ist also genug bestellt [6, 7].
Der Engpass liegt eher bei der Produktions- und LieferkapazitĂ€t. Die viel gröĂere Frage ist somit das âWann?â
PrioritÀtenvergabe: Wer wird wann geimpft?
Da anfangs nicht alle Menschen zeitgleich geimpft werden können, gibt es in Deutschland eine gesetzliche Priorisierung von verschiedenen Personengruppen. Diese gliedert sich in Schutzimpfungen mit höchster, mit hoher sowie mit erhöhter PrioritĂ€t [5, 8-10].Â
Dabei geht es vor allem darum, Menschen mit erhöhtem Risiko fĂŒr einen schweren COVID-19-Verlauf als auch medizinisches Personal mit hoher Exposition als erstes zu schĂŒtzen. Auch wird versucht, so gut es geht staatliche Funktionen und das öffentliche Leben aufrecht zu erhalten. Die Rede ist dann oft von âsystemrelevanten Berufenâ [5, 8-11].
Menschen mit höchster PrioritÀt [10]:
Ăber 80-JĂ€hrige
Personen, die in stationĂ€ren Einrichtungen fĂŒr Ă€ltere oder pflegebedĂŒrftige Menschen behandelt, betreut oder gepflegt werden oder tĂ€tig sind
PflegekrÀfte in ambulanten Pflegediensten
BeschÀftigte in medizinischen Einrichtungen mit hohem Expositionsrisiko wie Intensivstationen, Notaufnahmen, Rettungsdienste, ambulante Palliativversorgung, SARS-CoV-2-Impfzentren und andere
BeschÀftigte in medizinischen Einrichtungen, die Menschen mit einem hohen Risiko behandeln, betreuen oder pflegen.
Die Detailangaben zu den Abstufungen bei der Priorisierung finden Sie hier.
All diese Angaben beruhen auf mathematischen Berechnungen. Demnach hat sich hohes Alter als gröĂter Risikofaktor fĂŒr einen schweren oder sogar tödlichen Verlauf herausgestellt. Daher werden anfangs vor allem die in Deutschland etwa 800.000 Bewohner von Pflegeheimen geimpft. Dies ist durch die eingeschrĂ€nkte MobilitĂ€t alter Menschen jedoch mit einem gröĂeren Aufwand verbunden [5, 12].
Bei manchen Impfstoffen ist zudem eine sogenannte Folge- oder Auffrischimpfung nötig. Hierzu zĂ€hlen sowohl der BioNTech- als auch der Moderna-Impfstoff. Laut StĂ€ndiger Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut sollte dabei die zweite Impfstoffdosis möglichst innerhalb von 21 Tagen (BioNTech) oder 28 Tagen (Moderna) erfolgen. Diese Folgeimpfung hat Vorrang gegenĂŒber dem Impfen von Menschen, die noch keine Impfung erhalten haben [5, 8, 10].
Die Impfungen in deutschen Pflegeheimen sollten innerhalb dieses Januars erfolgt sein. Zudem kann es im Verlauf noch zu kleineren Ănderungen bei der Priorisierung kommen. Bis spĂ€testens Sommer sollen jedoch auch alle Menschen, die nicht zu den âpriorisierten Gruppenâ zĂ€hlen, die Gelegenheit zur Impfung kriegen. Eine genaue Aussage ist dabei schwierig, weil noch offen ist, wann genau weitere Impfstoffe zugelassen werden [5, 12].
Menschen, die bereits eine Infektion mit dem Coronavirus durchgemacht haben, sollten zumindest eine Auffrischimpfung erhalten. Gerade in Pflegeheimen sollte also auch den Genesenen unmittelbar eine Impfung angeboten werden. Bei Personen mit durchgemachter Infektion, die keiner Risikogruppe entsprechen, wird dagegen noch diskutiert, wie dringend die Auffrischimpfung erfolgen muss [5].
Kontaktaufnahme und Terminvergabe
Organisation und Ablauf der Impfkampagne sind wie folgt aufgeteilt: WĂ€hrend der Bund fĂŒr Beschaffung und Finanzierung der Impfstoffe zustĂ€ndig ist, regeln die BundeslĂ€nder die Kontaktaufnahme, Terminvergabe, Verteilung vor Ort sowie DurchfĂŒhrung der Impfungen [10].Â
Pflegeheime werden dabei von sogenannten âmobilen Impfteamsâ aktiv aufgesucht. In KrankenhĂ€usern und stationĂ€ren Pflegeeinrichtungen können teils auch BetriebsĂ€rzte die Impfung durchfĂŒhren. Die restliche Bevölkerung kann sich dagegen in neu eingerichteten Impfzentren impfen lassen [10].Â
Impfzentren bieten verschiedene Vorteile: Die Massenimpfungen können schneller erfolgen. Eine Lagerung unter korrekten Bedingungen ist garantiert. Eine Verteilung nach den verschieden priorisierten Personengruppen ist besser umsetzbar. Im spÀteren Verlauf der Impfkampagne sind dann auch Corona-Impfungen beim Hausarzt denkbar [5].
Die BundeslĂ€nder werden alle Menschen, die beim Impfen gerade an der Reihe sind, aktiv kontaktieren. Sobald eine Person kontaktiert worden ist, kann sie ĂŒber eine telefonische Hotline unter 116117 oder digital einen Termin in einem Impfzentrum vereinbaren. Diese Terminabsprache ist wichtig, damit es nicht zu langen Warteschlangen vor Ort kommt [10].
Die ImpfaufklĂ€rung erfolgt dann durch einen Arzt im Testzentrum. Die Impfung selbst kann auch von dafĂŒr trainiertem Assistenzpersonal durchgefĂŒhrt werden. Personalausweis oder ein anderer Lichtbildausweis mĂŒssen zur Identifikation ins Testzentrum mitgebracht werden [10].
Welchen Impfstoff kriege ich?
Verschiedene COVID-19-Impfstoffe sind derzeit in unterschiedlichen Phasen des Zulassungsprozesses. Der aktuelle Status Ă€ndert sich damit fortlaufend. Das macht die Lage fĂŒr viele Menschen unĂŒbersichtlich, gerade wenn von âder Corona-Impfungâ gesprochen wird. Die gute Nachricht ist: Die Zeit ist auf unserer Seite. Denn umso weiter sie voranschreitet, desto mehr Impfstoffe dĂŒrften als nachweislich vertrĂ€glich und effektiv zugelassen werden.Â
Insbesondere fĂŒnf Impfstoffe könnten dabei in Deutschland eine Rolle spielen. Dabei handelt es sich um die Impfstoffe von BioNTech/Pfizer, Moderna, CureVac, AstraZeneca und Johnson&Johnson. Alle haben gemeinsam, dass sich Deutschland vertraglich bereits Millionen Impfdosen gesichert hat, diese aber selbstverstĂ€ndlich erst nach erfolgreicher Zulassung einsetzen wĂŒrde [5, 9, 13, 14].
Anfangs können die verfĂŒgbaren Dosen also noch knapp, aber schon mehrere verschiedene Impfstoffe auf dem Markt sein. Welchen Impfstoff eine Person in diesem Fall erhĂ€lt, hĂ€ngt dann von den Empfehlungen der StĂ€ndigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut und den Vorgaben der Zulassung ab [10].Â
Zum Beispiel könnte ein bestimmter Impfstoff bei jungen Personen sehr effektiv sein, bei Ă€lteren jedoch weniger Wirkung zeigen. In diesem hypothetischen Fall wĂŒrde er dann vermutlich nur fĂŒr eine bestimmte Altersgruppe zugelassen und dann auch nur bei dieser eingesetzt werden.
Bei all dem kann man nicht oft genug hervorheben: Alle Impfstoffe, die in Europa zugelassen und vom Paul-Ehrlich-Institut in Deutschland freigegeben werden, wurden zuvor ausgiebig in drei Studienphasen ĂŒberprĂŒft. Sie entsprechen damit hohen Standards und QualitĂ€tsanforderungen. Zudem ist die Impfung komplett freiwillig [5, 7, 10].
Blick ĂŒber den Tellerrand: Impfstoffvergabe weltweit
Das Gras ist immer grĂŒner auf der anderen Seite des HĂŒgels. Und auch beim Thema Impfstoff neigen Menschen zum Vergleich. Insofern lohnt hier der Blick auf andere LĂ€nder.Â
ZunĂ€chst einmal entsprechen die Kriterien, nach denen die Impfstoffvergabe in Deutschland bei bestimmten Gruppen priorisiert wird, weitestgehend den ethischen Ăberlegungen der WHO. Demnach sollen die am stĂ€rksten gefĂ€hrdeten Menschen und die Helfer-Berufsgruppen priorisiert werden [9, 10, 15].Â
Zudem sollten laut WHO keine Unterschiede zwischen Menschen mit gleichen Voraussetzungen gemacht und der gröĂte Nutzen von knappen Ressourcen berĂŒcksichtigt werden. All das wird auch in Deutschland einbezogen [9, 10, 15].
In den USA ist die Impfung fĂŒr BĂŒrger ebenfalls kostenlos. Jedoch kann sie dort fĂŒr BeschĂ€ftigte im Gesundheitswesen oder in systemrelevanten Berufen verpflichtend sein. Jeder US-Bundesstaat stellt eine eigene Priorisierung unter verschiedenen Gruppen auf. Die Richtlinien des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) Ă€hneln jedoch deutschen Empfehlungen [16, 17].
Bei der Geschwindigkeit, mit der die Impfungen erfolgen, liegen die meisten LĂ€nder im internationalen Vergleich relativ nah beieinander. Sie sind somit alle noch weit von einer HerdenimmunitĂ€t entfernt. Vor allem Israel sticht hier jedoch deutlich hervor [18].Â
Mitte Januar hatten dort bereits 2,2 Millionen Menschen eine erste Impfung erhalten. Als GrĂŒnde fĂŒr den israelischen Impferfolg werden verschiedene Faktoren vermutet. Unter anderem ist das Land vergleichsweise klein, sein Gesundheitssystem ist stark digitalisiert und es gab eine groĂe Kampagne gegen Falschinformationen ĂŒber Impfstoffe [19 ].
Denn am Ende bleiben Impfstoffe unsere gröĂte Hoffnung, die Corona-Pandemie absehbar zu bewĂ€ltigen. Aus anfangs hunderten von Impfstoffkandidaten erlangen zunehmend einzelne PrĂ€parate die Zulassung. Die HĂŒrden, die es noch zu nehmen gibt, sind ohne Frage groĂ. Und manche LĂ€nder sind schneller als andere. Aber immerhin rĂŒckt das Ziel allmĂ€hlich in Sichtweite.
Die Inhalte dieses Artikels geben den aktuellen wissenschaftlichen Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und wurden nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Dennoch kann der Artikel keine medizinische Beratung und Diagnose ersetzen. Bei Fragen wenden Sie sich an Ihren Allgemeinarzt.